Theatertherapeutische Praxis Neue Wege       Ulrike von Schweinitz, Theatertherapeutin (DGfT), Theaterpädagogin  und Singleiterin
                  Brandenbuschstr. 6, 44805 Bochum, Telefon: 49- 1577- 46 20 700

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Die alte Post in Gerthe

Ulrike Von Schweinitz • 29. August 2024

VON EINER POST ZUM ZENTRUM NEUE WEGE

Während meiner Weiterbildung wurden wir privat gerüttelt und geschüttelt.

Meine Freundin hatte damals mit ihrem Mann beschlossen von Witten nach Mülheim an der Ruhr zu ziehen. Damit wurden die Räume, die ich damals für meinen ersten Kurs nutzte, hinfällig. Mein Mann und ich schauten uns nach Alternativen in Bochum um und fanden sehr schnell eine ehemalige Post in Bochum- Gerthe, die sich für unsere Bedürfnisse hervorragend eignete.

Wir wollten die obere Etage beziehen, unser Sohn sollte in dem Anbau seine neue Bleibe finden und im Erdgeschoß war viel Platz für die Kurse und selbst für Theateraufführungen war es groß genug. Außerdem konnte die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel nicht besser sein und die Geschäfte für den täglichen Bedarf waren fußläufig erreichbar.  
Alles schien perfekt. Wir kauften die Post und verkauften unser Reihenmittelhaus. Alles funktionierte so reibungslos, dass ich wusste, die geistige Welt stimmt unserem Vorhaben zu.

Der Umbau begann in der 1. Etage, denn spätestens in einem halben Jahr sollten wir unser altes Haus an den neuen Eigentümer übergeben und brauchten dann eine neue Bleibe.

Aber so sollte es nicht funktionieren. Die damaligen Handwerker stellten sich als Betrüger heraus, die unser Geld lieber auf der Pferdebahn einsetzten als es für den Umbau zu nutzen. Wir verloren viel Geld und die Baustelle wurde nicht rechtzeitig fertig. Es herrschte das reinste Chaos.

Wo sollten wir jetzt hin? Das Reihenhaus wollten wir auf jeden fristgerecht übergeben. Die Familie hatte auch ohne uns schon viel zu tragen. Sie hatten wie wir ein beeinträchtigtes Kind, dem es zu dem Zeitpunkt nicht gut ging. Niemals hätten wir unseren Auszug verzögert.

Unsere Freundin war damals mit ihrem Mann auf den Azoren. Tränenüberströmt ließ ich sie in einem Telefonat von meiner Verzweiflung wissen.

Und dann geschah das Unvorstellbare: Die Beiden boten uns tatsächlich Asyl in ihrem Studentenapartment an. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Also packten wir unser Hab und Gut in gut beschriftete Kartons, die wir im Keller der Post lagern wollten und nahmen nur das Nötigste mit nach Witten.

Wie gerne hätten wir unsern Hauskauf rückgängig gemacht. Aber wir wussten, ein Schritt zurück war nicht mehr möglich. Das Haus lag innerlich in Schutt und Asche. Keine Wand, kein Fußboden mehr heil. Noch heute kann ich meine Verzweiflung darüber spüren.

Kraft bekam ich in dieser Zeit aus der Neugestaltung unseres Gartens. Wenn ich dort neue Beete angelegt und Pflanzen eingegraben habe, fühlte sich alles richtig an. Ich sprach mit unserem Haus und sah es vor meinen inneren Augen strahlend erblüht. Innerlich wusste ich wohl, dass es funktionieren wird.

Ich weiß nicht, wie oft ich das Universum fragte, wie diese Herausforderung für uns gemeint ist.  Ich wusste, dass wir das Haus niemals gekauft hätten, wenn uns bewusst gewesen wäre, wieviel wir letztendlich zahlen mussten.
Heute weiß ich aus spiritueller Sicht, dass mein Vertrauen geschult wurde.

Nach sechs Wochen hatten wir endlich wieder die Kraft, uns neue Handwerker zu suchen. Es war schwieriger als gedacht, denn viele Firmen lehnten unsere Baustelle wegen der Garantie ab. Sie wollten verständlicherweise nicht für die Fehler ihrer Vorgänger verantwortlich gemacht werden.

Ich verband mich in dieser herausfordernden Zeit viel mit der geistigen Welt. So hatte ich dann auch die Eingebung, das Haus zu räuchern. Gemeinsam mit bestimmt zwanzig Freunden und Bekannten gingen wir mit qualmendem Salbei durch alle Räume und sangen dazu heilende Mantras.

Es tat so gut wieder ins Handeln kommen zu können und so viel Zuspruch zu erfahren. Niemand konnte uns den Weg abnehmen, aber den Halt konnten wir spüren und er gab uns Kraft und Zuversicht.

Etwa ein halbes Jahr lebten wir in Witten, dann zogen wir um. Es verging nocheinmal die gleiche Zeit, bis ich im April 2013 mein Zentrum Neue Wege eröffnen konnte. Einen Tag lang feierten wir mit einem bunten Programm zutiefst dankbar und ja- auch demütig.

Anderthalb Jahre später konnte dann auch Sören in seine Wohnung ziehen und wir aufatmen. Wir hatten es geschafft.

Diese Krise hat uns noch mehr zusammenschweißen lassen und unsere Liebe gestärkt. Gemeinsam konnten wir so viel schaffen und können es noch. Wie gut, dass sich unsere Zyklen der Zuversicht und der Verzweiflung abwechseln. Mal ich ihn, dann wieder er mich halten konnte. So ist das auch heute noch. Wir geben einander Halt. Wenn ich seine Hand nehme, auch wenn es nur in Gedanken ist, verbinden sich unsere Energien. Verstärken sich oder gleichen sich aus. Mein Seelenpartner- wie gut, dass wir einander finden durften.

Ich weiß gar nicht mehr, wann es war. Auf jeden Fall kam einige Zeit später das finnische Medium in mein Zentrum, um bei uns ein Konzert zu geben. Ich war so aufgeregt. Nichts wünschte ich mir mehr, als das die Äbtissin unser Haus und unsere Familie segnet. Zur Erklärung: Die Äbtissin erscheint in Tieftrance und gibt Jenseitsbotschaften für die Zuschauer.
Und wirklich- als alle Gäste gegangen waren, kam ganz unerwartet noch einmal die Äbtissin zu uns. Sie segnete unser Haus, segnete die Liebe, die sich hier in diesen Wänden entfalten darf.

Kann es ein großartigeres Geschenk geben?

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